Seit 12 400 Jahren bewohnen (oder besser bewohnten?)
die Viktoriaseebuntbarsche ungestört das Viktoriasee, hier entstand die
unglaublige Vielfalt dieser Cichlidengruppe. Doch seit Mitte der 50er
Jahren verschlechterte sich die Situation auf gravierende Weise. Der Mensch
zerstört ihren Lebensraum, der Mensch setzt fremde Fischarten ein, der
Mensch verseucht ihr Wasser. Früher fischten die Menschen mit den
einfachsten Werkzeugen, jetzt werden die modernen Fischkutter eingesetzt,
die viele Tonnen Fisch jeden Tag aus dem See rausholen. |
Der Untergang beginnt |
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Jahr 1954... Im August bekommt ein Beamter
der Fischereibehörde in Kenia endlich die Erlaubnis von dem Chef der Staatlichen
Fischereibehörde Ugandas Nilbarsche (Lates niloticus) in Viktoriasee auszusetzen,
man will ja nicht mehr diese Furus (Viktoriaseebuntbarsche) essen, die
haben zu viel Gräten und schmecken auch nicht besonders gut. Nilbarsch
ist etwas ganz anderes- er wächst und vermehrt sich schnell, kann 2m lang
werden und schmeckt auch nicht übel. Über den Einfluss auf das natürliche
Echosystem will keiner denken, denn die Buntbarsche sind ein wichtiger
Bestandteil im Futter des Nilbarsches und Nilbarsch bringt Gewinn... Bereits
zu dieser Zeit warnte Fryer in einer seiner Arbeiten vor den möglichen
Folgen für das schlechterfotschte Ökosystem eines des größten
Seen auf unserem Planeten. |
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In den ersten Jahren blieb die Anzahl der gefangenen
Nilbarschen gering, doch in den 80er stieg die Anzahl der Nilbarsche drastisch,
dabei sank die Anzahl der gefangenen Furus sehr schnell. In kurzer Zeit
machten die Furus nur noch 40% von den Fängen aus, die anderen 60% waren...
fast immer Nilbarsche. Die Lage verschlechterte sich drastisch im Jahr
1983 als die Furus 0% von den Fängen ausmachten! (Details in der Tabelle
ganz unten) |
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Nilbarsch wurde auch in vielen Satellitenseen vom Viktoriasee
ausgesetzt, wie z. B. 1955 in Kyogasee, auch hier haben die Nilbarsche
ein immenses Schaden den Haplochromis Beständen angetan, auch hier sind
viele Arten ausgestorben oder sind kritisch gefährdet. Einer der Beispiele
ist Astatotilapia latifasciata, die in der Victoriaseeaquaristik wohl
einer der häufigst gepflegten Arten ist, in der Natur aber als kritisch
gefährdet, oder sogar schon ausgestorben gilt. |
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Mindestens 4 Tilapiine Arten
werden ausgesetzt, die die einheimischen Arten verdrängen - in der erste
Reihe sind 2 einheimische Oreochromis Spezies betroffen, welche wie die
Fremdlinge sich von Detritus ernähern. Erst sehr spät bemerken die
Biologen die Gefahr. Man sieht wie schnell die einheimische Arten verschwinden
- der Übeltäter soll angeblich der Nilbarsch sein, der die Buntbarschen
erbeutet und ganze Arten auslöscht. Als erste sterben fischfressende Furu
z. B. aus den „Gattungen“ Haplochromis (Prognathochromis) und Haplochromis
(Harpagochromis), die früher ganz oben auf der Spitze des Fütterungsnetzes
stünden, dann sind Garnelenfresser dran, wobei alle 12 garnellenfressende
Arten ausgelöscht werden. Man vermutet, dass viele Arten verschwanden
noch bevor man sie entdecken konnte. |
Die Grüne Gefahr |
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1990 droht die nächste Gefahr nicht nur die schon zu
dieser Zeit stark angeschlagene Furubestände auszulöschen (besser sogar:
zu ersticken!), sondern alles was im Viktoriasee lebt. Der neue Feind
ist nun Wasserhyazint, dass aus Amerika eingeschleppt wurde und nun unter
günstigen klimatischen Bedingungen und Abwesenheit der Fressfeinde sich
explosionsartig verbreitet. In kurzer Zeit entziehen große Ansammlungen
von Wasserhyazinten Sauerstoff aus dem Wasser. Einige Buchten wurden vollkommen
von diesen Pflanzen überzogen. So beschreibt Tijs Goldschmidt eine solche
Buchte in seinem Buch "Darwins Traumsee. Nachrichten von meiner Forschungsreise
nach Afrika" : "Tausende von verfaulenden Nilbarschen, die an der Wasseroberfläche
treiben.[...] Erstickt, von einer riesigen sauerstofflosen Wasserblase
überfallen, die aus tiefem Wasser nach oben gedrückt wurde." |
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Mitte 90er setzte man einen Käfer (Neochetina sp.) aus,
den natürlichen Feind der Wasserhyazinten. Diese Aktion war zumindest
in einigen Buchten erfolgreich, wo manchmal sogar nach einem Monat alle
Wasserhyazinten gefressen wurden. |
Furubestände jetzt |
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2/3 der Victoriaseecichliden sind als ausgestorben oder
gefährdet anzusehen. Besonders gefährdet sind Fischfresser, Pädophagen
und Zooplanktonfresser. Zwei Arten der Putzerfische(!) und die 13 Arten
der Garnellenfresser des Victoriasees sind offensichtlich ausgestorben.
Etwas besser sieht es in der Geröllzone aus, da die Nilbarsche hier seltener
sind. |
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Man berichtet von den Furuarten, die in die Buchten,
wo die "alten" Arten ausgestorben sind zurückkehren. Entweder sind das
Arten, die im tieferen Wasser früher wohnten, oder das sind Hybriden (mehr
dazu in "Evolution"). Einige Arten wie Y. pyrrocephalus sind aber tatsächlich
zurückgekehrt und gehören mittlerweile zu den häufigst
anzutreffenden Arten. Einer der Gründe dafür durfte die starke
Überfischung des See sein, dass zu einer Dezimierung der Nilbarschpopulation
führte. Außerdem führte die Überfischung zur "Verzwergung"
der Nilbarsche, heute werden kaum noch große Exemplare gefangen.
Damit ist der Druck auf Viktoriaseecichliden etwas gefallen und vielleicht
wird man in den nächsten Jahren einige verschwunden geglaubte Arten
wieder antreffen. Doch viele werden nicht mehr aus den Toten auferstehen
können. |
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Durch diese katastrophale Ereignisse ist es wichtig,
dass die Aquarianer, die Viktoriaseecichliden halten sich an den Erhaltungszuchtprogrammen
beteiligen, Unzucht und Artkreuzungen vermeiden. |